Der Carthausplatz wird bunt

Seit langen gibt es Überlegungen, den Sockel auf dem Carthausplatz wieder für ein Denkmal zu nutzen. Es gab sogar einen Verein, der Carthausbrunnenverein, der über ein Jahrzehnt lang, darum kämpfte, diese Idee zu realisieren.

Frau Wohman, die sich intensiv und unermüdlich mit dieser schweren Aufgabe beschäftigt, bat mich vor einiger Zeit, Entwürfe für diesen prächtigen Sockel zu machen. Das habe ich getan. Das Ergebnis hat mir aber nicht gefallen. Ich möchte kein Denkmal für die Ewigkeit machen. Ich habe aber nichts gegen Denkmale. Sie sind wichtige Orte des Erinnerns, der Mahnung und der Bildung.

Außerdem sind sie Ausdruck eines Zeitgeists und zugleich eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. So stellte sich mir beim Anblick dieses gewaltigen Sockels, die Frage nach dem Warum und Wofür. Brauchen wir ein Denkmal für lange Zeit auf diesem Platz? Wem wollen wir ein Denkmal setzen? Wäre es nicht schön der Kunst und den Künstlern ein Denkmal zu setzen?

Carthausplatz Frankfurt (Oder) im August 2014
Carthausplatz Frankfurt (Oder) im August 2014

So kam mir die Idee doch den Sockel als festen Ort, für immer neue „Denkmäler“ zu nutzen. Denkmäler die immer wieder anders sind, von wechselnden Künstlern gestaltet. Ein Ort der Veränderung und des Experiments. Wenn viele Künstler diesen Ort verändern, wird dieser Platz ein Ort sein, der Aufmerksamkeit erregt, über den diskutiert wird, an dem dokumentiert wird.

Dieser Platz ist jetzt schon ein Ort an dem man nicht nur rastet. Der Platz ist eine Insel zwischen Straßen und Häusern, man flaniert an ihm vorbei, verweilt vielleicht eine Weile dort schaut fragend auf diesen stabilen Granitsockel. Dieser Sockel wurde gebaut für die Ewigkeit, für ein großes Monument. Der geschichtsbewusste Flaneur weiß natürlich um die Bedeutung dieser Stelle und an wen dort mit diesem Bauwerk gedacht wurde. Wie geht es aber den Anderen, die wenig Wissenden aber Nachdenklichen? Sie fragen sich, wie sah das Kunstwerk aus, das auf diesem Sockel stand? Die Nischen, in denen die bronzenen oder marmornen Gedenktafeln dem Neugierigen Auskunft gaben, sind leer. Der Fragende kann nichts anderes tun als seinen Weg grübelnd fortzusetzen. Wie schön wäre es doch wenn er stehen bliebe und etwas sehen könnte was seinen gewohnten Blicken bis dahin nicht begegnete. Er sähe etwas. Eine Veränderung . Der Sockel hat sich verändert. Auf dem Sockel steht etwas!

Vielleicht wird er in den Nischen Texte finden die ihm Auskunft geben, was mit dem Sockel geschieht. Er wird in seiner Zeitung darüber lesen, ein Foto machen. Auf einmal wird es um diesen Sockel lebendig. Es entsteht ein Ort im öffentlichen Raum der sich immer wieder verändert, denn dort sollen Künstler ihre Gedanken über den leeren Sockel auf den Sockel stellen in Form eines Kunstwerkes. Dieses Kunstwerk ist nach einem oder einem halben Jahr wieder verschwunden. Nach einer kleinen Aufbaupause steht wieder etwas Neues auf dem Sockel. Wieder wird etwas darüber in der Zeitung stehen. Wieder werden viele Fotos gemacht. Die Touristeninformation wird sie auf ihrer Webseite sammeln. Vielleicht werden Ansichtskarten gedruckt. Oder nach vielen Jahren ein kleines Buch mit Texten, Fotos und Zeichnungen der Entwürfe. Vielleicht ist auch mal ein Kunstwerk dabei was diese Stadt für immer behalten möchte. So wird dieser Platz wieder ein Ort der Erinnerung, Bildung und des Zeitgeistes sein, wie es sich für ein Denkmal gehört.

SABINE HELLER

 

Idee der Kunst ein Denkmal zu setzen

Seit 1943 ist der schwarze Sockel aus Granit auf dem Carthausplatz verwaist. Versuche für eine Neugestaltung gab es viele. Die jüngste soll den Block dauerhaft schmücken. Geplant ist, dass jedes Jahr ein neuer Künstler daran arbeitet. Den Anfang macht Sabine Heller aus Sieversdorf.

Das Besondere an dem Projekt ist, dass Sabine Hellers Kunstwerk nur der Auftakt für viele weitere ist. „Die Idee ist, dass jedes Jahr ein neuer Künstler den Sockel gestaltet“, sagt sie. Der Platz solle ein Ort der Veränderung und des Experiments sein. „Je mehr Künstler ihn immer wieder neu gestalten, desto mehr Aufmerksamkeit erregt er, desto mehr wird über ihn diskutiert“, ist sich Sabine Heller sicher.

Damit der Sockel durch den stetigen Auf- und Abbau der Skulpturen nicht nachhaltig beschädigt wird, ist eine Anforderung an die Kunstwerke, dass sie sich relativ leicht herunternehmen lassen. Ihr Modell „Dornröschen“ erfülle dieses Kriterium, sagt Sabine Heller. Es sei zudem wie gemacht für den Beginn dieser Kunst-Serie. „Die mit Fliesen beklebte Haube symbolisiert das Schloss, in dem die Schöne schläft, verzaubert von der gekränkten Fee. Das Schloss ist von Rosenranken umgeben. In einiger Zeit wird ein Mutiger kommen und diesem Fluch ein Ende bereiten. Der Dornröschenschlaf wird dann beendet sein, wenn die nächsten Künstler diesen Ort zu einem lebendigen machen, zu einem, der sein Gesicht jedes Jahr aufs Neue verändert“, beschreibt die Künstlerin ihre Plastik.

Quelle: MOZ (Frankfurt)